Der Sommer im Weinberg ist vorüber, die Winzer bereiten die Weinlese vor. Die Trauben werden geerntet und treten endlich den Weg an, um im Keller zu wunderbaren Weinen zu werden.
Ach, wenn das nur mal so einfach wäre. Gerade bei der Weinlese sind Erfahrung und Expertise gefordert, wenn man sich beim letzten Akt im Weinberg nicht um die Früchte seiner Arbeit bringen will. Und das richtige Timing.
Allgemein findet die Weinlese im September und Oktober statt. Doch selbst auf diese grobe Terminierung ist kein Verlass mehr. Im Jahr 2018 z.B. mit dem trockenen und heißen Sommer ist die Weinlese teils schon im August gestartet.
Auf der Suche nach dem optimalen Lesezeitpunkt
Wann der richtige Zeitpunkt zur Weinlese ist, entscheidet jeder Winzer auf den Tag ganz individuell nach seinem Qualitätsbestreben.
Die Qualität eines Weines liegt im Wesentlichen in der Qualität der Trauben begründet. Es gilt auf die Trauben selbst zu achten. Deshalb messen die Winzer frühzeitig und regelmäßig die Zucker- und Säurewerte, probieren die Beeren, um die aromatische Entwicklung beurteilen zu können.
Irgendwann sind die Trauben so reif, dass eine Lese möglich ist. Ab jetzt geht der Winzer eine Wette mit dem Wetter ein. Soll er die Lese verschieben, um den Reben noch mehr Sonne zu gönnen? Damit aber riskieren, dass der Regen ihm den Wein buchstäblich verwässert? Oder müssen die Trauben unbedingt geerntet werden, da noch mehr Sonne zu mehr Zucker und somit zu mehr Alkohol führt und die Säure gegebenenfalls wieder schwindet?
In südlichen Weinregionen mit heißen Sommern gibt oftmals der Säurewert das entscheidende Kriterium ab. Auch die Rebsorte, Lage und Art des Weines entscheiden mit.
Weingüter, die mehrere Rebsorten kultivieren, müssen all diese Eigenheiten berücksichtigen. Und um es noch vertrackter zu machen, selbstverständlich redet auch die Lage der Rebflächen ein Wörtchen mit. Die Ausrichtung auf die Sonne, die Höhe, aber auch der Wind …. all diese Faktoren schaffen ein Mikroklima, das die Trauben dort schneller oder langsamer reifen lässt als im Weingarten nebenan.
Vollernter oder ganze Handarbeit bei der Weinlese
Erfahrene Helfer sind bei der Weinlese unverzichtbar, wenn der Winzer nicht mit einem Vollernter arbeitet.
Am Einsatz einer modernen Vollernte-Maschine gibt es prinzipiell nichts auszusetzen. Die Trauben werden durch Schläge auf das Blätterdach abgeschüttelt, von Förderbändern aufgefangen und in einen Sammelbehälter transportiert. Und das macht die Maschine um ein vielfaches schneller als der per Hand mit Schere oder Messer operierende Lesehelfer. Zudem kann die Maschine länger am Stück arbeiten und ist stets verfügbar.
Ein klarer Vorteil der händischen Weinlese ist die bereits beim Schneiden vorgenommene Auswahl. Während die Maschine “blind” erntet, kann der Lesehelfer schlechte Trauben direkt aussortieren oder er lässt unreife Trauben einfach hängen. Auch der Anteil an Blättern und Stielen fällt deutlich geringer aus. Die händische Lese macht die sogenannte “Selektion” möglich. Das meint, es werden mehrere Lesedurchgänge im Weinberg vorgenommen, um immer nur die besten Trauben zu ernten.
Keep Cool: Behutsamer Umgang mit dem Lesegut
Damit die Trauben nun unversehrt in den Keller kommen, sind zu jeder Zeit Behutsamkeit und Umsicht gefragt. Die Transportbehälter sollten beispielsweise möglichst flach und nicht zu groß sein, damit die Trauben nicht das eigene Gewicht drückt. Tritt der Saft einmal aus der Beere, beginnt sie zu oxidieren und damit geschmacklich abzubauen.
Der behutsame Umgang mit den Trauben verlangt, dass die Lese nicht bei zu hohen Temperaturen erfolgt. Also entweder früh am Morgen, am späten Nachmittag oder in heißen Weinbaugebieten sogar in der Nacht.
Angekommen auf dem Weingut selektiert man insbesondere bei Spitzenweinen das Rebmaterial noch einmal von Hand, bevor es in den Keller geht und der Most in Tanks oder Fässern auf die alkoholische Gärung wartet. Damit ist die Lese beendet, doch das große Abenteuer Wein geht erst richtig los.
Von nun an sind es Kellermeister und Önologe, die sagen wo es lang geht!!
Auf das aus den Trauben ein Spitzenwein wird. Santé!